Ein steiles Strässchen führt zur Schreinerei oberhalb von Gersau im Kanton Schwyz, wo Robin Tinz seine Eigenkreationen anfertigt, mit einem atemberaubenden Ausblick auf die Urner Alpen und den Vierwaldstättersee.
Der Werdegang von Robin Tinz (30) aus Oftringen ist lang und vielseitig, doch immer wieder geprägt vom Handwerk und von Holz. Begonnen hat alles mit einer Schreinerlehre. «Einmal haben wir einen Turm gebaut für die IWC Schaffhausen, der zehn Meter hoch war und einen Durchmesser von zwei Metern hatte», erinnert er sich. Das sei etwas vom Imposantesten gewesen. Doch irgendwann habe ihm das pure Handwerk gefehlt. Bei einer Bootswerft in Kreuzlingen bekam er die Gelegenheit, eine Zweitausbildung zum Bootsbauer zu machen. Nach der Bootsbauerlehre folgte die RS als Sappeur. «Danach war ich Durchdiener bei der Katastrophenhilfe», erzählt Tinz.
Hausbau bei minus 20 Grad
Nach dem Militärdienst zog es ihn nach Kanada. «Dort wollte ich in erster Linie die Sprache lernen.» Schliesslich blieb er doch länger und bekam ein Arbeitsvisum. Er arbeitete in Whistler als Ski- und Snowboardbauer und als Zimmermann. «Wir haben bei minus 20 Grad Häuser gebaut», erzählt er. Und das mit den einfachsten Mitteln. «Viel mehr als eine Handkreissäge, Hammer und Nagelpistole brauchte es nicht für den Skelettbau von Häusern.» Vor der Rückkehr in die Schweiz reiste er durch die USA. Wieder in heimischen Gefilden, half er in Oberbipp als Schreiner aus. Doch er wollte noch etwas anderes sehen.
Dämpfen, biegen und leimen
«Ich war schon immer von Massivholz angetan.» In Savognin hatte er die Gelegenheit, beim Restaurieren von alten Bündner Häusern Hand anzulegen. «Das Jahr in Savognin brachte mir viel Erfahrung im Bewahren von Altem.» Die Arbeit mit acht Zentimeter hohen Dielenböden und Arvenstuben sei schön gewesen. Danach folgte ein einwöchiger Segeltörn in der Bretagne. «Dort bekam ich die Gelegenheit, eine Werft zu besichtigen, und es zog mich wieder zum Bootsbau.» Er habe Französisch gelernt und ein Jahr in Frankreich gearbeitet. «Das alte Handwerk beim Schiffsbau hat mich sehr beeindruckt.» Das Beplanken der Boote sei etwas Einmaliges gewesen. «Dämpfen, Biegen und Leimen gehörte zum Arbeitsalltag.» Oder das Kalfatern mit Schnur: eine Technik, die man hier kaum noch praktiziert.
Verkürzte Lehre als Industrie-Polsterer
Nach Frankreich folgte Asien. «Ich wollte die Leute besuchen, die mit mir in Kanada in der Sprachschule gewesen sind.» Zum Lockdown-Beginn im März 2020 erwischte er noch einen Flug nach Japan, wo er nach pandemiebedingten Anpassungen Tokio und Osaka bereiste. Zurück in der Heimat, machte er eine verkürzte Lehre als Industrie-Polsterer. Leder und Stoffe nähen oder aufpolstern, diese Techniken hätten ihn sehr fasziniert. Doch wie hat es ihn nach Gersau, genauer nach Obergschwend gezogen? «Ein pensionierter Schreiner suchte jemanden, der seine Schreinerei benutzen möchte», erzählt er. Hier könne er seine handwerklichen Fähigkeiten ausleben. Robin Tinz zeigt auf seine selbstgeschreinerte Garderobe mit Zinkenverbindungen: «Ich probiere hier oben alles aus», erklärt er. Und so ist jeder Stuhl an seinem Esstisch aus einem anderen Holz und hat einen individuellen Polsteraufbau. In der Werkstatt tüftelt er verschiedene Holzbiege- und Dampftechniken aus. Die Ideen gehen ihm nie aus.
Seit März unterstützt Robin Tinz die Firma Sitzwerk in Baar. Die Firma gibt ihm die Möglichkeit, sich fachlich weiterzuentwickeln und gemeinsam mit ihr zu wachsen. Seine Ziele der Selbstständigkeit hat er noch nicht komplett aufgegeben. Er hofft, diese in der Zukunft wieder aufnehmen zu können.