Jedes Jahr werden zahlreiche Einrichtungsprodukte und Designschaffende mit Designpreisen ausgezeichnet. Im Interview mit einrichtenschweiz erklären drei Preisträger, was eine solche Auszeichnung bewirken kann.
Nicht nur beim Wein, auch im Interior-Bereich gibt es heute unzählige Auszeichnungen. Einer der bekanntesten internationalen Designpreise ist der Red Dot Award. Über die Aussagekraft dieses Preises lässt sich allerdings streiten: Denn die Red Dot GmbH, die den Wettbewerb organisiert, findet sich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Unternehmen, deren Produkte sie bewerten soll. Über die Anmeldegebühren und die kostenpflichtigen Nutzungsrechte für das Label kann die Red Dot GmbH mehrere Millionen Euro im Jahr einstreichen. Da erstaunt es nicht, dass die roten Punkte en masse vergeben werden: 2025 wurden rund 18’000 Produkte zur Begutachtung eingereicht, davon erhielten 2284 einen Award.
Der Preis als Orientierungshilfe
Der Nachteil dieses Geschäftsmodells: Mit der Schwemme an ausgezeichneten Produkten verblasst der Marketingwert des Red Dot Awards. Deutlich selektiver sind die Wettbewerbe «Design Preis Schweiz» (organisiert vom gleichnamigen Verein) und «Schweizer Designpreise» (Bundesamt für Kultur). «Für die Lancierung eines neuen Produkts ist ein ‹Design Preis Schweiz› durchaus hilfreich», erklärt Andreas Mantel, Geschäftsführer der Embru-Werke. 2023 durfte sich Embru zusammen mit dem Designer Moritz Schmid über die Siegerauszeichnung für ihren gemeinsam gestalteten «Park Chair» freuen. Insbesondere den Innenarchitektinnen und -architekten böte eine solche Auszeichnung eine interessante Orientierungshilfe bei der Planung von zeitgenössischen Möblierungen», sagt Andreas Mantel. Ein Garant für wirtschaftlichen Erfolg eines Produktes sei die Auszeichnung aber nicht, erklärt Mantel. Und man dürfe nicht vergessen, dass es ganz viele ausgesprochen gut gestaltete Produkte gebe, welche ohne jegliche Auszeichnung sehr erfolgreich die Zeit überdauerten.
Wirkung nach innen
Der Wert einer Auszeichnung lässt sich nicht allein an den Verkaufszahlen bemessen. Der Preis wirkt auch nach innen: Er motiviert, regt zu Innovationen an, ist Anerkennung für eine im Team erbrachte Leistung. «Die Auszeichnung bestätigt uns, auf dem richtigen Weg zu sein», sagt Andreas Mantel. Ähnlich äussert sich Camilla D. Fischbacher, Creative Director bei Fischbacher 1819, über die Auszeichnung, die das Unternehmen für die Benu Sea Collection erhielt (Design Preis Schweiz 2021): «Sie ist eine wertvolle Bestätigung für unsere Innovationskraft und unser langjähriges Engagement für nachhaltige Materialien. 2009 waren wir die Ersten, die eine Recyclingkollektion auf den Markt gebracht haben.»
Zugleich bestätige die Prämierung durch eine unabhängige Expertenjury, dass sich die Benu-Kollektion in Qualität, Gestaltung und Materialinnovation gegenüber Mitbewerbern durchsetzen konnte, erklärt Camilla Fischbacher. «Für Innenarchitektinnen und Einrichter ist das ein wichtiges Signal und bietet eine verlässliche Orientierung bei der Produktauswahl. Zudem schätzen unsere Handelspartner die Möglichkeit, mit preisgekrönten Produkten nicht nur gestalterisch zu überzeugen, sondern auch in puncto Nachhaltigkeit glaubwürdig zu argumentieren.»
Wertvoller Austausch
Gleich zweimal hintereinander durfte Marc Gerber einen Blickfang-Preis in Empfang nehmen: Der Aargauer Künstler wurde sowohl an der Blickfang Basel 2023 als auch an der Edition 2024 zum Best Designer in der Kategorie Möbel & Produktdesign gekürt, von jeweils unterschiedlichen Jurys. Gerber fertigt in Schönenwerd unter seinem Label mageceramics einzigartige Keramikstücke. «Die Designpreise bei Blickfang haben bei mir gute Presse und Aufmerksamkeit gebracht», erklärt Gerber. Gerade für ein junges Label seien neben dem eigenen «Glauben an die Sache» auch Erfolgserlebnisse, die mit externer Anerkennung und Signalwirkung nach aussen verbunden seien, sehr wertvoll. Marc Gerber schätzt zudem den Austausch mit der Jury, den ihm der Wettbewerb ermöglichte: «Allein das Format von Wettbewerb mit Jurybeurteilung fördert Reflexion, Feedback und Fortschritt – auch wenn man keinen Preis nach Hause nimmt. Die eigene Arbeit präsentieren und auf Fragen von Expertinnen und Experten eingehen zu dürfen, ist ein Gewinn für sich und einer der Hauptgründe für die Teilnahme an einer Designmesse.»
Die Jurierung habe ihm entscheidende Impulse gegeben und positive Veränderungen und Entwicklungen angestossen, erklärt Gerber. «Im Studium gehört das Präsentieren und Verteidigen der eigenen Arbeit dazu – später im Studioalltag geschieht dies nicht mehr im gleichen Ausmass, auch wenn man um solche Möglichkeiten bemüht ist. Genau hier bieten Wettbewerbe und Designpreise ideale Plattformen.»
