Drei Anwendungsbeispiele, die an der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie erarbeitet wurden, zeigen: Alttextilien bergen Potenzial. Zwar steckt viel Aufwand in den einzelnen Projekten, doch könnte sich dieser in mancherlei Hinsicht lohnen.
Ein grosser Teil der Alttextilien wird heute verbrannt oder landet sogar auf der Müllhalde. Organisationen wie Texaid sammeln Alttextilien hierzulande und führen sie möglichst einem neuen Gebrauch zu. Oftmals gleicht dieser jedoch einem Downcycling: Aus Kleidern beispielsweise entstehen Putzlappen oder Isolationsmaterialien.
Die Hochschule Luzern – Design Film Kunst erforscht mit dem von der Innosuisse geförderten Projekt «Texcircle» zirkuläre Lösungen für Textilien, um dem hohen Ressourcenverbrauch und der Abfallproblematik zu begegnen. Im Projekt wurde bereits gezeigt, wie ausgemusterte Textilien im Sinne eines Postconsumer-Recyclings einem anderen Zweck zugeführt werden und wie zirkuläre Designstrategien den ökologischen Impact reduzieren.
Das Projekt der Forschungsgruppe Produkt & Textil wurde in Zusammenarbeit mit Coop, Rohner Socks, Texaid, Ruckstuhl und Workfashion umgesetzt. Entstanden sind unter anderem folgende Produkte:
Der Teppich
Als Ausgangsmaterial dienten gesammelte Wintermäntel mit einem Mindestanteil von 70% Wolle. Die nach Material und Farbe sortierten Mäntel mussten von unerwünschten Materialien befreit werden, namentlich Innenfutter, Verklebungen, Knöpfe oder Reissverschlüsse. Die übrig gebliebenen Wollschnipsel wurden zusammen mit Produktionsabfällen aus Wolle in Italien zu Reissfasern verarbeitet. Die Firma Marchi & Fildi verspann das Wollmaterial zu einem Teppichgarn mit folgenden Faseranteilen: 25% Wolle aus Mänteln, 5% Wolle aus Schnittresten, 20% Wolle aus alten Pullovern und 50% frische und ungefärbte neuseeländische Wolle. Die Wolle wurde von Ruckstuhl zu einem Teppich getuftet. Erste Beanspruchungstests sind zufriedenstellend.
Der Vorhang
Die Idee eines Vorhangs aus alten Bäckerhosen scheint vielversprechend, denn das Ausgangsmaterial ist hochwertig und das daraus entstehende Endprodukt erhält eine herkunftsgeprägte Ausstrahlung. Der Weg dazu gestaltete sich allerdings einigermassen beschwerlich: In einem ersten Schritt mussten den Bäckerhosen Bündchen, Etiketten, Knöpfe, Keder, Taschen und Reissverschlüsse manuell entfernt werden. Danach wurde die Ware in Frankreich gerissen und anschliessend von Rieter zu einem Ringgarn versponnen. Daraus liess Tiger Liz Vorhänge weben, die von der Qualität des Ausgangsmaterials zeugen.
Die Weste
Was aus alten Bettwaren entstehen kann, zeigt eindrücklich das Beispiel einer Weste: Gesammelt wurden ausgediente Bettdecken und Kissen mit Wattierungen aus Polyester. Das Rohmaterial trennte man in einem ersten Schritt aufwendig von der Aussenhülle. Die Reinigung der gewonnenen Fasern geschah mittels Ozon-Technologie. Die Firma Jakob Härdi zerpflückte und ergänzte das gesäuberte Material und verarbeitete es zu einem 20 mm dicken PET-Vlies mit einer Grammatur von 200g/m2. Seine Zusammensetzung: 49% Postconsumer-Recyclingfasern aus Bettwaren, 30% rPET aus Industrieabfällen und 21% Bindefasern. Das Vlies wurde als Isolationsschicht in eine Arbeitsweste der Firma Workfashion eingearbeitet. Erste Verarbeitungs-, Trage- und Waschtests fallen positiv aus.